ArchitekTour

25 Baudenkmäler - Ein architektonischer Stadtbummel durch die Wiege Sachsens

Wir laden Sie herzlich ein zu einem architektonischen Stadtbummel durch die Wiege Sachsens.

Mittels häuserspezifischer QR Codes bieten sich faszinierende Einblicke in den Wiederaufbau Meißens als kulturhistorisches Kleinod - denn Meißen ist reich an wertvollen Zeugnissen deutscher Baukultur. Erfahren Sie dabei mehr über die Geschichte ausgewählter, kulturhistorisch besonders bedeutsamer Altstadthäuser, die durch das denkmalpflegerische Engagement von Bund & Land, aber auch privater Bauherren und Vereine in den letzten Jahren wieder zu neuem Leben erweckt werden konnten - oder noch immer darauf warten.

Webergasse 1

Autor: Dr. Claus-Dirk Langer - Architekt & Stadtplaner Meißen

Auch "Alter Ritter" genannt, eines der repräsentativsten Bürgerhäuser der Stadt. Errichtet Ende des 16. Jahrhunderts. Saniert ab 1991.
Detailreich wiederhergestelltes Wohnhaus der Renaissance mit Spitzgratgewölbe in der Eingangshalle und teilweise komplett restaurierten Renaissance- Holzbalkendecken im Obergeschoss. Besonders sehenswert ist die frühbarocke, malerisch aufwendig gestaltete Holzbalkendecke (vermutlich Ende 17. Jahrhundert) im großen Raum der Gartenseite.

Weitere Informationen

Zweigeschossiges Gebäude mit schlichtem Äußeren, aber einst sehr reicher Innenausstattung, errichtet Ende des 16. Jahrhunderts, mit hohem Satteldach und hofseitig zwei großen Zwerchhäusern. Die typischen Renaissance-Fenstergewände der Fassade sind mit Rundstäben und Hohlkehlen bereichert; das Sitznischenportal ist relativ schlicht gehalten. Über dem Portal ist ein rundes Oberlichtfenster angeordnet; in den Zwickeln daneben findet sich die Bezeichnung "15/87". Die mit breiten geschmiedeten Bändern versehene Holztür im Portal ist noch ein Original aus der Erbauungszeit des Hauses und zeigt die typische Trennung in jeweils einen separat zu öffnenden oberen und unteren Türflügel.

Ursprünglich als Wohnhaus eines reichen Renaissancebürgers entstanden, diente das Gebäude im 19. Jahrhunderts als Mietshaus. Die ehemals reiche Innenausstattung (Wandtäfelungen und Holzdecken) wurden Mitte des 19. Jahrhunderts nach Dresden und Berlin verkauft.
Seit 1871 diente das Haus als Gaststätte ("Ritterherberge", ab 1887 "Alter Ritter"). In dieser Zeit Einbau der farbigen bleigefassten Fenster mit Weinmotiven und dem kursächsischen bzw. dem Meißner Wappen im Erdgeschoss der Straßenseite. Ebenfalls aus dieser Zeit (1884) datierte eine Inschrift im Rundbogen des Portals: "Wo einst die Ritter kehrten ein, schänkt man auch jetzo guten Wein". Leider ist diese Schrift inzwischen weiß überstrichen.
1990 stand das Haus größtenteils leer und war besonders hofseitig in einem baulich äußerst desolaten Zustand. Im Obergeschoss war der ehemalige "Große Saal" in einen Flur und drei Zimmer aufgeteilt; in der hintersten Ecke befand sich am Ende eines schlauchartigen Ganges ein kleines Bad, dessen Abwasserrohre außen an der Hauswand nach unten verliefen und vermutlich im Winter regelmäßig einfroren. Im Erdgeschoss wurde ein Raum durch die benachbarte Bäckerei genutzt, wozu man einen Wanddurchbruch zum Nachbarhaus geschaffen hatte.

Im Frühjahr 1991 fanden erste restauratorische Untersuchungen und statische Sicherungen des Gebäudes statt (u. a. Freilegung von Wandmalereien aus der Zeit um 1620), in den Folgejahren die Wiederherstellung der Raumstruktur des späten 16. Jahrhunderts und eine sorgfältige komplette Rekonstruktion des Originalzustandes, insbesondere der vorgefundenen künstlerischen Ausschmückung der Räume (Ende 16. bis Ende 17. Jahrhundert). Die Sanierungsarbeiten fanden unspektakulär in kleinen Schritten über mehrere Jahre hinweg statt; das Ergebnis ist ein liebevoll und detailreich wiederhergestelltes Wohnhaus der Renaissance, welches einen umfassenden Einblick in das Wohnen im 17.Jahrhundert vermittelt.

Heute wird das Haus für Ausstellungszwecke genutzt. Bemerkenswert sind die im Erdgeschoss erhaltenen Spitzgratgewölbe der Eingangshalle und die prächtige Holzbalkendecke des großen Raumes an der Gartenseite. Letztere entstand vermutlich Ende des 17. Jahrhunderts und zeigte in zwölf Rahmen auf Leinwand gemalte Allegorien auf die zwölf Monate, wobei drei Gemälde nicht mehr erhalten sind. Unter dieser frühbarocken Decke hat sich noch die komplette mit Schablonenmalerei versehene Decke der Renaissance erhalten. Im Obergeschoss finden sich wiederum mehrere Räume mit Renaissance-Holzbalkendecken, deren Bemalung teilweise erhalten und in einem Raum komplett restauriert ist.